"Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon."
Dieses Zitat von Max Mannheimer, der nur wie durch ein Wunder den Holocaust überlebte, stand zu Beginn der Gedenkfeier am 09. November, bei der wir diesen schicksalhaften Tag der deutschen Geschichte aus verschiedenen Perspektiven beleuchten wollten. Am Ende waren sich alle einig, dass es absolut notwendig ist, über Vergangenes zu sprechen, damit sich Vergangenheit nicht wiederholt.
Wir trafen auf sehr interessierte TeilnehmerInnen und möchten uns an dieser Stelle bei diesen für die vor allem auch sehr aktive Teilhabe der Besucher beim Zeitzeugengespräch und beim Verlesen der Namen der in der Shoa ermordeten Menschen mit Oedheimer Wurzeln bedanken.
Es war ein sehr bewegender Nachmittag.
Gedenken am jüdischen Friedhof
Neben Informationen über jüdisches Leben in Oedheim vor der NS-Zeit und den jüdischen Friedhof im Speziellen wurde an die Nacht der Novemberpogrome erinnert, in der in ganz Deutschland Synagogen brannten und die den Übergang von der Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung zur systematischen Judenverfolgung darstellte. Auch in Oedheim wurde in dieser Nacht der jüdische Friedhof gesprengt und die 4 Mitglieder der Familie Mergentheimer, die neben Anna Mannheimer die letzten noch verbliebenen jüdischen Einwohner Oedheims waren, wurden verprügelt und deren Wohnungseinrichtung verwüstet.
In den Gedenkbüchern des Bundes und der Gedenkstätte Yad Vashems sind 18 Menschen aufgeführt, die vor dem Krieg in Oedheim lebten oder dort geboren wurden und in der Shoa deportiert und getötet wurden.
Ihre Namen und Lebensdaten haben wir aufgerufen und Kerzen angezündet, um ihrer zu gedenken. Die Nazis wollten die Opfer entmenschlichen und haben ihnen Nummern eintätowiert. Durch das Aufrufen möchte man den Opfern den Namen wieder zurückgeben und dem Ansinnen der Nazis entgegenwirken, die jede Erinnerung an jüdische Menschen und jüdisches Leben auslöschen wollten.
Zeitzeugengespräch zur Wende
Bedanken möchten wir uns auch ganz besonders bei Christiane und Roland Mettcher, die uns ihre Geschichte vom Ausreiseantrag 1985 bis zur Übersiedlung 1988 und der Zeit danach erzählten. Wir konnten spürbar erleben, welchen Mut es gekostet haben muss, überhaupt diesen Antrag zu stellen und wie viele Ängste sie danach ausstehen mussten und das nur, um ihren Kindern eine freie Berufswahl und ein freies Leben zu ermöglichen. Der Kontakt mit Zeitzeugen lässt einen teilhaben an den Emotionen und ist erlebbare Geschichte. Man bekam Gänsehaut und der Nachmittag wirkt in allen noch nach.
Plakatausstellung
Bei der Plakatausstellung, bei der je ein Plakat dem 09. November 1918, 1923, 1938 und 1989 sowie eines der persönlichen Geschichte unserer Zeitzeugen gewidmet war, konnten alle noch einmal die Eckpunkte der damaligen Ereignisse in Wort und Bild nachvollziehen. Ein Plakat war Georg Elser gewidmet, der sicherlich die Geschichte am 08.11.1939 nachhaltig beeinflusst hätte, wenn sein Sprengungsatz 13 Minuten früher explodiert wäre.
Fazit
Während der Veranstaltung und in der Nachbereitung ergaben sich tolle Gespräche unter den Teilnehmern, die hoffentlich noch zu weiteren Impulsen führen. So war diese Veranstaltung zum einen ein Anstoß für die Entwicklung einer Erinnerungskultur in Oedheim und brachte auch für alle die Erkenntnis, dass weder die neuere noch die neueste Geschichte restlos aufgearbeitet ist.
Es stimmt auch hoffnungsfroh, wenn eine 14-jährige am Ende begeistert mitteilt, dass sie die Veranstaltung sehr spannend fand.